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18.7.2 Identifizieren von Klassen und Objekten

 

Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist heraus zu treiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt leider! nur das geistige Band.


Mephistopheles.
Johann Wolfgang von Goethe , ,,Faust``.
Der Tragödie erster Teil.

Der erste Schritt umfaßt zwei Aktivitäten: das Ausfindigmachen der wichtigsten Abstraktionen  im Problemraum (die wichtigsten Klassen und Objekte) und das Erfinden des Verhaltens der Objekte , das es ihnen ermöglicht, so zusammenzuarbeiten, daß die gewünschte Funktionalität geboten wird. Das ist keineswegs eine einfache Aufgabe. Der Entwickler muß das Vokabular des Problemraumes lernen, indem er studiert, welche Anforderungen das Problem stellt, und/oder indem er mit Experten des Problemraumes diskutiert. Alle Dinge des Problemraumes, ,,die man anfassen kann``, die Rollen, die sie spielen, und Ereignisse, die auftreten können, all das sind gute Kandidaten für Klassen oder Objekte des Entwurfs auf der höchsten Ebene.

Wir sagen deshalb ,,Kandidaten``, weil wir erst am Beginn unseres Entwurfs stehen. Wir erwarten, daß sich die Grenzen zwischen den Objekten und Klassen im Laufe des Entwurfs noch verschieben werden. Obwohl sich aber das ,,Verhalten nach außen`` dieser Objekte ein wenig ändern wird, ziehen sich diese ersten Abstraktionen doch wie ein roter Faden durch den gesamten Entwurfsprozeß. Das ist eine Konsequenz daraus, daß ein objekt-orientiertes Modell den Problemraum widerspiegelt.

Werfen wir einen kurzen Blick auf unser Index-Beispiel aus dem vorigen Kapitel: Die Begriffe Eingabe, Titel, Rotieren, Sortieren und Ausgabe sind Begriffe, die wesentlich für das Problem sind und sind daher Kandidaten für Klassen oder Objekte in einem objekt-orientierten Entwurf.

Als Ergebnis dieses Schrittes können wir einerseits sehr informelle Dokumente erwarten oder andererseits sehr formale. Auf der einen Seite des Spektrums kann eine einfache Liste aller wesentlichen Abstraktionen stehen, die sich als Objekte, Klassen oder als Beziehungen zwischen ihnen herauskristallisieren. Auf der anderen Seite kann man auch genaue Schablonen für die entsprechenden Objekte oder Klassen ausfüllen, die ihre wichtigsten Eigenschaften beschreiben.

Meist benötigt dieser erste Schritt, im Vergleich zu den anderen, wenig Zeit. Oft wird er von einem einzigen Mann durchgeführt, der viel Erfahrung im Entwurf von Software-Systemen gewonnen hat, und der dann den ersten Entwurf mit einigen anderen guten Leuten bespricht. Ein wirklich wichtiges Ergebnis des ersten Schrittes ist auch, daß ein gemeinsames Vokabular für die folgenden Diskussionen der Software-Ingenieure gefunden wird. Zu diesem Zeitpunkt kann es auch notwendig sein, benötigte Hardware-Bausteine in den Entwurf miteinzubeziehen. Auf dieses Thema werden wir noch im Kapitel 19 näher eingehen.



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Johann Blieberger
Wed Feb 11 09:58:52 MET 1998